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Unrecht aktuell - Sozialrecht


Schulpflicht überwinden!

So fremd Ihnen nachstehende Gedanken anfangs sein mögen – versuchen Sie doch einfach `mal, unvoreingenommen an sie heranzugehen.

Von Martin Wilke

Liebe Leserin, lieber Leser,

der folgende Grundsatztext rüttelt an einer scheinbaren Selbstverständlichkeit der heutigen Gesellschaft: der Schulpflicht. Viele Menschen halten sie für unverzichtbar und geradezu heilig. Insofern haben wir es nicht gerade leicht. Wir sind jedoch zuversichtlich, einige Mißverständnisse aufklären sowie Ängsten mit Informationen begegnen zu können. Was also erwartet Sie in diesem Text? Zunächst möchten wir darstellen, was Schulpflicht für Kinder praktisch bedeutet und warum sie im Widerspruch zu Grund- und Menschenrechten steht. Danach gehen wir kurz auf die Motive für die Entstehung der Schulpflicht ein. Im darauffolgenden Abschnitt wird beschrieben, warum niemand zum Lernen gezwungen werden muß. Anschließend wird skizziert, wie ein freies Bildungssystem aussehen könnte. Als nächstes beschreiben wir zwei inkonsequente Alternativen zur Schulpflicht und untersuchen daraufhin, ob das Recht auf Bildung etwas mit der Schulpflicht zu tun hat. In einem Zusatz wird begründet, warum ein pluralistisches Bildungssystem sinnvoll ist.

 

Unsere Forderung in Kürze

Wir wollen die Schulpflicht abschaffen und durch ein Recht des Kindes auf selbstbestimmte Bildung ersetzen. Wir wollen, daß es grundlegend andere Schulformen gibt und daß niemand gezwungen wird, eine Schule zu besuchen. Wir richten uns nicht gegen das Lernen; wir sind jedoch der Ansicht, daß es weder sonderlich effektiv noch überhaupt legitim ist, jemanden zum Lernen zu zwingen.

Schulpflicht bringt Unfreiheit

Wir denken, daß Kinder und Jugendliche es verdienen, als Menschen ernstgenommen zu werden, denen die vollen Grund- und Menschenrechte zustehen. Die Schulpflicht steht diesem Anspruch im Wege. Warum glauben wir, daß das so ist?

Anwesenheitspflicht

Die Schulpflicht bedeutet für rund 10 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland, daß sie sich je nach Bundesland neun oder zehn Jahre lang, an ca. 200 Tagen im Jahr für jeweils einige Stunden in einer staatlichen oder vom Staat anerkannten Schule einzufinden haben.[1]


[1] Zusätzlich zu dieser Vollzeitschulpflicht besteht in den meisten Bundesländern für unter18jährige Jugendliche Berufsschulpflicht, welche durch Absolvieren einer Lehre oder eines berufsvorbereitenden elften Schuljahres, durch den Besuch der gymnasialen Oberstufe oder durch ein reguläres Arbeitsverhältnis erfüllt werden kann.



Daß junge Menschen überhaupt dazu verpflichtet werden, so viel Zeit an einem Ort zu verbringen, den sie sich nicht selbst aussuchen können, ist allein schon ein gewaltiger Einschnitt in ihre Freiheit. Das tatsächliche Ausmaß der Unfreiheit hängt jedoch davon ab, wie die zu besuchenden Schulen beschaffen sind.

Bevormundung im Schulalltag

Die staatlichen und ebenso die meisten nicht-staatlichen Schulen sind von einem erheblichen Machtgefälle geprägt und weitgehend autoritär ausgestaltet: Die Lehrer geben Anweisungen, und die Schüler müssen sich unterordnen. Die Handlungen der Schüler unterliegen einer starken Reglementierung. Obwohl Kinder von Natur aus sehr lebendig und ständig in Bewegung sind, werden sie verpflichtet, für mehrere Stunden täglich stillzusitzen. Obwohl gerade der Austausch mit anderen Kindern ihre sozialen Fähigkeiten stärkt und Kinder am besten von anderen Kindern lernen, dürfen sie außerhalb der Pausen nicht mit ihren Freunden kommunizieren. Sie müssen tun, was auch immer der Lehrer von ihnen verlangt, und sie müssen ihre natürliche Bereitschaft zum Wissenserwerb einem unnatürlichen 45-Minuten-Takt unterordnen. Selbst wenn sie aufs Klo gehen wollen, bedürfen sie einer Genehmigung des Lehrers. Auf die Interessen der Schüler wird so gut wie keine Rücksicht genommen. Sie sind dem Belieben der Lehrer ausgeliefert. Die eigene Meinung der Schüler zählt nicht. Auf ihre Wünsche und Bedürfnisse kommt es nicht an. Allerdings ist auch der Spielraum von Lehrern, die Schülern mehr Freiraum gewähren wollen, recht eingeschränkt, da sie als Lehrer einen Staatsauftrag zu vollstrecken haben und dazu angehalten sind, die Oberhand über die Schüler zu behalten.

Fremdbestimmtes Lernen

Kinder sind von Natur aus neugierig und lernen ohne jeden Zwang alle möglichen Dinge. In herkömmlichen Schulen werden Kinder und Jugendliche genötigt, Dinge zu lernen, die andere Leute ihnen vorsetzen und die sie womöglich gerade nicht als für sich wichtig ansehen. Schülern wird nicht nur vorgeschrieben, was sie lernen sollen, sondern auch, auf welche Weise sie lernen sollen, zu welchem Zeitpunkt und von welchen Leuten. Durch eine Vielzahl kleinerer und größerer Leistungskontrollen und ihrer Benotung wird versucht, auch unwillige Schüler auf Kurs zu halten. Die ursprüngliche Freude am Lernen geht so bei vielen Schülern mit der Zeit verloren.

Während die meisten Kinder in den ersten Schuljahren noch relativ gerne zur Schule gehen und mit einem großen Teil der zu lernenden Sachen etwas anfangen können, ist in höheren Klassenstufen bei einem erheblichen Teil der Unterrichtsinhalte für viele Schüler nicht erkennbar, wozu sie gut sein sollen. Vieles ist für sie schlicht belanglos, manches lediglich zu ausführlich.

Die Schüler haben unterschiedliche Interessen und werden dennoch genötigt, alle weitgehend das gleiche zu lernen. Manch einem mag das zunächst nicht sonderlich schlimm erscheinen. Aber wer kennt das nicht: Jemand erzählt einem lang und breit seine Lebensgeschichte oder etwas anderes, das einen gerade gar nicht interessiert. Man versucht freundlich, das Gespräch zu beenden, aber der andere erzählt einfach immer weiter und läßt einen auch nicht gehen. Man langweilt sich und hofft weiter auf ein baldiges Ende oder eine Fluchtmöglichkeit. So weit, so unangenehm. Absurd würde es, wenn man von dem ungebetenen Erzähler nun auch noch aufgefordert würde, widerzugeben, was er einem zuvor erzählt hat, und man anschließend von ihm mitgeteilt bekäme, ob man es gut gemacht hat. Im alltäglichen Leben würden die meisten Menschen das als Zumutung empfinden. Für Schüler ist das Alltag. Sie müssen sich auch dann jahrelang mit den von anderen vorgesetzten Inhalten befassen, wenn sie sich ausdrücklich nicht dafür interessieren.

Jene Schüler hingegen, die an einem Unterrichtsthema interessiert sind, fühlen sich oft unterfordert. Indem der Unterricht auf ein Lernen im Gleichschritt ausgelegt ist, wird ihre Neugier ausgebremst. Die Schüler sollen sich nicht für Dinge interessieren, die im Unterricht noch nicht „dran“ sind.Es geht uns aber nicht nur darum, ob die in der Schule behandelten Unterrichtsinhalte sinnvoll sind. Wir kritisieren vielmehr, daß der Staat überhaupt seinen Bürgern vorschreibt, was diese zu wissen und zu denken haben. Das eigentliche Problem sind unserer Meinung nach nicht die veralteten Lehrpläne, sondern der Lernzwang als solcher.

Viele Menschen sind dagegen, daß die schulischen Lerninhalte von Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden diktiert werden. Auch wir finden das nicht gut. Unserer Überzeugung nach ist es aus Sicht der Freiheit der Schüler aber kein bißchen besser, wenn der Staat den Lehrplan bestimmt. Letztendlich muß es die Entscheidung jedes Einzelnen bleiben, mit welchen Themen er sich auseinandersetzt.

Nicht nur mit den Inhalten können viele Schüler nichts anfangen, auch die Methoden des Unterrichts sind für viele Schüler nicht geeignet. Es gibt viele verschiedene Wege, eine Sache zu lernen. In heutigen Schulen ist meist nur ein einziger Weg zugelassen, und der ist dann zwangsläufig nicht für alle Schüler der beste.Unnötiger Leistungsdruck ruft bei vielen Schülern Angst hervor, einige entwickeln dadurch eine generelle Abneigungen gegenüber der Schule.

Erziehung

Die Schule ist jedoch nicht nur auf Wissensvermittlung angelegt, sondern sie verfügt auch über einen Erziehungsauftrag. Auch wenn sich die heute propagierten Erziehungsziele stark von denen früherer Zeiten unterscheiden und geradezu fortschrittlich klingen und die Prügelstrafe lange abgeschafft ist, so ist doch die gesamte Funktionsweise der Schule nicht geeignet, freiheitliche oder demokratische Werte zu fördern. So wird zwar beispielsweise behauptet, die Schule solle zum selbständigen Denken erziehen, faktisch passiert aber durch die für eine Zwangsschule charakteristischen Erscheinungen genau das Gegenteil: Die Schüler lernen, das zu tun, was ihnen gesagt wird.

Die Erziehung ist in der heutigen Staatsschule allgegenwärtig: Stillsitzen, nur auf Kommando sprechen oder handeln, Gehorsamspflicht dem Lehrer gegenüber, sich wiederholende Aufgaben, Disziplinierung und Selektion durch Noten, Klingelzeichen, Rituale und starre, nicht veränderbare Regeln. Übliche Bestrafungsmethoden sind: An-die-Tafel-holen, Vergabe schlechterer Zensuren, Strafaufgaben, Tadel und Verweise, Mitteilung an die Eltern bzw. Gespräche mit den Eltern und ähnliches.

An dem grundsätzlichen Anspruch des Staates, junge Menschen zu erziehen, hat sich nichts geändert. Der Staat versucht dabei, die Staatsbürger von morgen in seinem Sinne zu formen. Wenn die Schüler nach vielen Jahren die Schule verlassen, hat ein Großteil von ihnen es sich abgewöhnt, selbst zu denken. So ist es kaum verwunderlich, daß auch die nachwachsende Generation die gesellschaftliche Gegebenheiten im wesentlichen unreflektiert übernimmt. Durch die Schulpflicht bekommt der Staat die Möglichkeit, Schüler gezielt zu manipulieren.

Wir weisen den Anspruch des Staates, bestimmen zu können, wie die in ihm aufwachsenden Menschen zu denken haben, entschieden zurück. Ein solcher Anspruch ist schlicht undemokratisch.

Undemokratische Strukturen

In der Schule wird ganz offensichtlich Herrschaft über die Schüler ausgeübt. In einem demokratischen Staat sollte man erwarten, daß die Beherrschten zumindest prinzipiell die Möglichkeit haben, das Zusammenleben nach ihren Vorstellungen zu verändern. In einer herkömmlichen deutschen Schule haben Schüler diese Möglichkeit nicht – obwohl sie den bei weitem größten Anteil der an der Schule tätigen Menschen ausmachen, nämlich über 90 Prozent. Selbst bei den wenigen Dingen, die nicht durch Gesetze und Verwaltungsvorschriften zentral vorgegeben sind, sondern auf der Ebene der einzelnen Schule entschieden werden, geht es nicht demokratisch zu: In den Schulgremien haben die Schüler entweder gar keine Stimme oder müssen sich im günstigsten Fall mit einem Drittel der Sitze zufriedengeben und befinden sich somit in der Minderheit. Lehrer hingegen sind massiv überrepräsentiert. Sie sind weniger als 10 Prozent der sich täglich in der Schule aufhaltenden Menschen und haben in der Schulkonferenz mindestens die gleiche Stimmenzahl wie die Schüler.[2] Und obwohl Eltern im unmittelbaren Schulalltag gar nicht vorkommen, dürfen auch sie über die Schule mitentscheiden. Das erinnert an das „Drei-Klassen-Wahlrecht“, das im 19. Jahrhundert in Preußen galt: Die drei Stände waren mit je einem Drittel der Abgeordneten vertreten, während ihre Bevölkerungsanteile 83%, 13% und 4% betrugen. Obendrein entspricht die Durchsetzung der in der Schule geltenden Regeln nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen, denn de facto liegen Beschlußfassung, Umsetzung der Beschlüsse und Bearbeitung von Beschwerden meist in einer Hand – sei es die des Lehrers, des Direktors oder der Schulverwaltung. Wer einer Regelverletzung beschuldigt wird, gilt nicht solange als unschuldig, bis seine Schuld nachgewiesen wurde.

Zu wenig Zeit für eigene Interessen

Die Schule bestimmt das Alltagsleben der Schüler, über die bloße Anwesenheit in der Schule hinaus. Für viele Schüler wird sie sogar der Hauptlebensinhalt. Durch Hausaufgaben und Vorbereitung auf Leistungskontrollen können die Schüler selbst über den Nachmittag und Abend nicht wirklich frei verfügen. Die Schüler können sich nicht nur innerhalb der Schule nicht mit den Dingen beschäftigen, die sie interessieren; die Schule nimmt ihnen auch die Zeit und Kraft, außerhalb der Schule ihren Interessen nachzugehen. Die Abendgestaltung wird v.a. dadurch beeinträchtigt, daß die Schüler am nächsten Morgen relativ früh wieder aufstehen müssen. Die Pflicht, in der Schule anwesend zu sein, bedeutet für die Kinder auch, täglich für mehrere Stunden von Eltern, Geschwistern und außerschulischen Freunden getrennt zu sein.

 

In Handschellen zur Schule

Wir behaupten nicht, daß alle Schüler in der Schule leiden. Manche kommen mit der Schule gut zurecht und gehen sogar gerne hin. Uns geht es darum, daß für jene, auf die das nicht zutrifft, Alternativen geschaffen werden.

Aufgrund der Schulpflicht haben die Schüler keine Wahl: Sie müssen zur Schule, egal ob sie dort tatsächlich hinwollen, oder ob sie ihren Tag gern anders gestalten würden.Wir finden es verständlich, wenn junge Menschen sich einem solchen Schulsystem nicht länger aussetzen wollen und der Schule deshalb fernbleiben. Der Staat hat dafür weniger Verständnis und versucht, die Schulpflicht auch mit Polizeigewalt durchzusetzen: Kinder, die nicht zur Schule gehen, können von der Polizei zu Hause abgeholt und in Handschellen der Schule zwangsweise zugeführt werden. Das nennt sich Schulzwang und wurde 1938 von den Nazis eingeführt.[3]

Im Jahr 1998 hat die Stadt Nürnberg einen Modellversuch zur Bekämpfung von Schulschwänzern gestartet: Die Polizei sucht in Kaufhäusern und in Cafés nach Schul- schwänzern und hält auch auf der Straße Kinder und Jugendliche an, die ihr des Schulschwänzens verdächtig erscheinen. Die Aufgegriffenen werden dann per Streifenwagen zur Schule gefahren und dort der Schule übergeben.[4]

Die Anwesenheit des jungen Menschen in der Schule verkommt dabei allerdings zu einer sinnentleerten physischen Präsenz.

 


[2]Die Regelungen unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern. Teilweise bekommen die Lehrer sogar die Hälfte der Sitze zugeteilt.

[3]Voraussetzung für die Anwendung des Schulzwangs ist jedoch, daß die einzelnen Schulen mittels Schulversäumnisanzeigen die örtlichen Ordnungsämter (bzw. andere zuständige kommunale Behörden) über das unentschuldigte Fernbleiben eines Schülers benachrichtigen. Allerdings melden nicht alle Schulen ihre fehlenden Schüler.

[4]Auch eine Reihe anderer Städte folgt mittlerweile dem Nürnberger Modell.


 

Die Schulpflicht verletzt Grundrechte

Bei einer derartigen Beschaffenheit des Schulwesens kann von einer freien Entfaltung der Persönlichkeit, wie das Grundgesetz sie garantiert, nicht gesprochen werden. Aber dies ist nicht das einzige Grund- oder Menschenrecht, das durch die Schulpflicht außer Kraft gesetzt wird.

Indem der Staat den Schülern detaillierte verbindliche Lernziele vorsetzt und gleichzeitig die Schüler zur Anwesenheit in der Schule zwingt, bestimmt der Staat, welches Wissen nach Ablauf einer bestimmten Zeit im Kopf des jungen Menschen zu sein hat! Die Idee, daß der Staat die Köpfe kontrolliert, verträgt sich definitiv nicht mit der Gedankenfreiheit. Neben den Grundrechten auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und Gedankenfreiheit widerspricht die Schulpflicht auch der Versammlungs- freiheit, welche gleich in zweifacher Hinsicht verletzt wird: Einerseits werden die Kinder und Jugendlichen zeitweilig daran gehindert, an Versammlungen, z.B. Demonstrationen, teilzunehmen; andererseits werden sie gezwungen, an einer Versammlung mit einem Lehrer und rund zwei Dutzend Schülern teilzunehmen.

Sämtliche Unterrichtsveranstaltungen, bei denen die Teilnahme nicht freiwillig ist, stellen eine Zwangsbeschäftigung für die Schüler dar, können somit als Zwangsarbeit aufgefaßt werden. Laut Grundgesetz ist Zwangsarbeit aber „nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheits- entziehung zulässig“.

Das Grundrecht auf Freizügigkeit, also das Recht, seinen Aufenthaltsort selbst zu wählen, ist nicht verwirklicht, solange Schüler zur Anwesenheit in der Schule gezwungen werden.Die unumgängliche Pflicht, in der Schule anwesend zu sein, erfüllt ohne weiteres den Tatbestand der Freiheits- beraubung. Es wäre kaum übertrieben, die Schule als Teilzeitgefängnis für Kinder zu bezeichnen, in das in Deutschland 10 000 000 Menschen ohne Anklage und Gerichtsverfahren eingesperrt sind.Und tatsächlich waren bis Mitte der 70er Jahre Schüler Häftlingen rechtlich gleichgestellt. Es galt ein „besonderes Gewaltverhältnis“ zwischen Staat und Schülern, ebenso wie zwischen Staat und Gefängnisinsassen. Grundrechte konnten ohne jede Gesetzesgrundlage eingeschränkt werden. Grundrechte hatten also ganz offiziell keine Geltung. Die Grundrechtsverletzungen wurden dann offiziell zugegeben und in Gesetzesform gegossen und somit legalisiert. Für die Schüler hat sich dadurch nicht viel geändert.

Die Schulpflicht stellt insgesamt einen massiven Eingriff in die Freiheit junger Menschen dar, und zwar, ohne daß dies zum Schutz der Freiheiten anderer notwendig wäre. Der Staat nimmt sich das Recht, wesentliche Teile des Lebens von Kindern vor- und fremdzubestimmen. Die betroffenen Kinder haben keinen Einfluß darauf und können ihrem Schicksal nicht entrinnen. Sie werden zu Marionetten, zu Objekten staatlicher Schulpolitik gemacht. Sie werden nicht als eigene Subjekte wahrgenommen, als Menschen, deren Freiheit es zu schützen gilt.

Für freiheitlich-demokratisch denkende und handelnde Eltern kann sich ein Gewissenskonflikt ergeben, wenn sie ihr Kind gegen dessen Willen zur Schule schicken müssen, wozu sie derzeit verpflichtet sind. Kommen Eltern dieser Pflicht nicht nach, drohen ihnen Bußgelder bis zu mehreren Tausend Euro, ersatzweise ein Gefängnisaufenthalt. Und obwohl gerade diese Eltern sich für die Rechte ihrer Kinder einsetzen, kann ihnen das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen werden.

Zumindest läßt sich feststellen, daß die Schulpflicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht. Dieser besagt, daß freiheitsbe- schränkende Maßnahmen nur in dem Maße angewandt werden dürfen, wie sie zur Erreichung eines Zieles geeignet und notwendig sind. Wenn das Ziel darin besteht, daß Kinder und Jugendliche das Nötige lernen sollen, um auch als Erwachsene im Leben zurechtzukommen, dann ist – wie auch die folgenden Abschnitte des Textes zeigen – die Schulpflicht weder notwendig noch überhaupt geeignet.Im Grundgesetz taucht die Schulpflicht nicht auf. Da das Bildungswesen eine Angelegenheit der einzelnen Bundesländer ist, findet sich die Schulpflicht nur in einfachen Landesgesetzen oder der Landesverfassung. Da das Grundgesetz und damit auch die Grundrechte über jedem Landesrecht stehen, halten wir die Schulpflicht für verfassungswidrig. Das würde selbst dann gelten, wenn Kinder ohne Zwang tatsächlich nichts lernen würden.

Fazit zum ersten Teil

Zusammenfassend können wir festhalten, daß die von der Schulpflicht ausgehende Unfreiheit drei Hauptbestandteile hat: Anwesenheitspflicht, Lernzwang und Unterordnung unter undemokratische Regeln.Durch die Schulpflicht werden die Schüler einem zu tiefst undemokratischen Schulwesen ausgeliefert.Die Art des Umgangs mit den Schülern ist zwar nicht unbedingt Zweck der Schulpflicht, sondern eher Nebenprodukt. Die Schulpflicht nimmt den Schülern jedoch die Möglichkeit, sich den autoritären Umgangsformen zu entziehen. Die Schulpflicht führt zu einem unflexiblen und nicht an den Interessen der Schüler orientierten Schulsystem. Es muß sich an den Wünschen der Beteiligten nicht orientieren, weil ihm die Schüler ohnehin zugeführt werden.Einige dieser Kritikpunkte könnten auch unter Beibehaltung der Schulpflicht gelöst bzw. abgemildert werden, wenn die Staatsschulen einer grundlegenden Veränderung unterzogen werden, bzw. ein pluralistisches Bildungswesen mit tatsächlich genügend Alternativen entstünde. Aber das Problem der Anwesenheitspflicht wäre damit noch nicht behoben. Ausschließlich außerhalb der Schule zu lernen wäre nach wie vor nicht möglich, obwohl dies eine durchaus legitime Alternative darstellt.

Motive für die Einführung der Schulpflicht

Erste Ansätze für eine gesetzliche Schulpflicht gab es 1619 in Weimar, 1642 in Gotha und schließlich 1717 in Preußen. Es handelt sich nur um Ansätze, weil die Schulpflicht zum einen nicht überall umgesetzt wurde und zum anderen die Bestimmungen Hauslehrer zuließen und damit eher einer Bildungs- oder Unterrichtspflicht entsprachen. Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche neue Verordnungen und Gesetze erlassen, die die Schulpflicht zunehmend in die Realität umsetzten, so daß immer mehr Kinder tatsächlich eine Schule besuchten. Die Schulpflicht im heutigen Sinne wurde in Deutschland 1919 durch die Weimarer Reichsverfassung festgeschrieben. Die einzelnen deutschen Länder hatten sich allerdings erfolgreich dagegen gewehrt, diese Regelungen umsetzen zu müssen. 1938 führten die Nazis den Schulzwang – die zwangsweise Zuführung zur Schule – ein. Er ist uns bis heute erhalten geblieben.

Ziel der ersten Versuche, eine Schulpflicht einzuführen, war die Unterweisung aller Kinder in christlicher Religion, Lesen, etwas Schreiben und Rechnen.

Während der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert wurde die Schulpflicht vor allem wegen folgender Erwägungen zunehmend festgeschrieben: Der Staat wollte die Kinder von körperlich allzu schädigender Kinderarbeit abhalten, damit sie körperlich noch für den Wehrdienst und Kriegseinsatz und auch langfristig als halbwegs gesunde Arbeiter zu gebrauchen sind. Der Staat brauchte eine Institution, um staatszersetzendem Gedankengut in der Arbeiterklasse entgegenzutreten und stattdessen staatserhaltendes zu verbreiten. Die wirtschaftliche Entwicklung erforderte zunehmend eine grundlegende Qualifikation der Arbeiter, die vor allem Arbeitstugenden wie Genauigkeit, Flexibilität, Pünktlichkeit, Disziplin, Durchhaltevermögen umfaßte. Es ging bei der Schulpflicht schlicht um staatlichen Eigennutz. Die Unterrichtsinhalte blieben übrigens bis 1872 die gleichen: Hauptfach war Religion (zumeist das Auswendiglernen von religiösen Texten), dann kam Lesen und Schreiben (religiöser Texte) und Rechnen.

Erst im 20. Jahrhundert waren uneigennütziger Kinderschutz und Chancengleichheit bedeutende Motive für die Einführung der Schulpflicht.


Quellen: Peter Kraft, „Bericht an das Seminar über einige drängende Fragen betreffs die Entstehung der Schulpflicht“, Münster 1991,

Josef Lakeberg: „Zur Entstehung des Sonderschulwesens“, in: NOH-PÄD. Zeitung für Lehrerinnen und Lehrer, Grafschaft Bentheim, o.J., http://www.jlakeberg.de/nohpaed5.htm


Lernen ohne Druck und Zwang

Viele Menschen wollen an Schulpflicht und Lernzwang festhalten, weil sie befürchten, daß Kinder sonst nichts mehr lernen würden. Freie und demokratische Schulen, in denen die Schüler selbst entscheiden, was, wann und wie sie lernen, zeigen, daß Kinder zum Lernen nicht gezwungen, gedrängt oder überredet werden müssen. Menschen haben ein natürliches, angeborenes Lernbedürfnis. Kinder sind neugierig und wollen lernen. Sie wollen die Welt, die sie umgibt, begreifen und verstehen.

Lesen und Schreiben

Die zentrale Sorge der Skeptiker der Lernfreiheit gilt meist der Frage, ob Kinder denn von sich aus Lesen, Schreiben und Rechnen lernen werden. Diese Grundfertigkeiten werden – zurecht – überall in der Gesellschaft für so wichtig gehalten, weil sie aus dem Lebensalltag kaum wegzudenken sind. Doch gerade deshalb sind auch Kinder z.B. ständig mit Geschriebenem konfrontiert: Wenn man als junger, neugieriger Mensch überall Zeichen sieht, die für einen wie Unsinn aussehen, die aber jeder um einen herum versteht – würde man es dann nicht auch können wollen? Schließlich kann man dann Comics, Hinweisschilder, Briefe und Bücher selbst lesen und ist weniger abhängig von lese- und schreibkundigen Menschen. Außerdem ermöglicht einem das Lesen-Können, Dinge, die einen interessieren, selbständiger zu lernen. Auch wer das Internet benutzen will, ist auf das Lesen angewiesen. Selbst in Computer- und Videospielen kommt Schrift vor. Es ist nahezu unvorstellbar, daß ein Kind in so einer Umgebung nicht früher oder später den praktischen Nutzen des Lesens und Schreibens erkennt. Der Wunsch, lesen zu können, tritt aber nicht bei jedem Menschen mit genau 6 Jahren auf, sondern bei manchen vielleicht erst mit 9 oder 10 Jahren, bei anderen hingegen schon mit 4 Jahren. Aber sobald Kinder von sich aus Lesen und Schreiben gelernt haben, merkt man ihnen nicht an, in welchem Alter sie es gelernt haben.

Wir finden es ungerechtfertigt, daß gerade Lernen ohne Zwang so häufig mit Analphabetismus assoziiert wird, obwohl es doch das staatliche Pflicht- schulwesen ist, das eine beträchtliche Zahl von Analphabeten hervor- bringt. In Deutschland können etwa 4 000 000 Menschen über 14 Jahren nicht oder kaum lesen und schreiben. Der weitaus größte Teil dieser funktionalen Analphabeten hat eine staatliche Schule besucht, hatte aber andere Dinge im Kopf, als dort Lesen und Schreiben unterrichtet wurde. Die Erwartung, daß alle zum gleichen Zeitpunkt lesen können sollen, machte es ihnen schwer, später um Unterstützung beim Lesen- und Schreibenlernen zu bitten, sodaß sie es vorzogen, ihre Wissenslücke zu verstecken.

Rechnen

Ebenso wie das Lesen und Schreiben komm

en im Alltagsleben häufig Situationen vor, in denen mathematische Grundkenntnisse – Grundrechenarten, Bruch- und Prozentrechnung – von Nutzen sind, insbesondere im Zusammenhang mit Geld. Ähnlich wie beim Lesen und Schreiben wollen Kinder auch früher oder später eigenständig mit Geld umgehen können.

Lernmotivation

Was auch immer Menschen lernen – am effektivsten lernen sie, wenn ihnen das zu Lernende bedeutend erscheint. Dinge, die sie nicht interessieren, vergessen sie schnell wieder. Entscheidend für erfolgreiches und langanhaltendes Lernen ist eine eigene, innere Motivation. Sie beschleunigt das Lernen erheblich: sobald jemand sich entschlossen hat, eine Sache zu lernen, benötigt er dafür oft nur einen Bruchteil der in der Schule üblichen Zeit. Es lohnt sich, den Kindern die Entscheidung zu überlassen, wann sie was lernen. Die Bereitschaft, eine Sache zu lernen, läßt sich nicht verordnen.

Lerninhalte nicht verbindlich festlegen

Darüber, daß man Lesen, Schreiben und Rechnen können sollte, mag noch weitgehende Einigkeit bestehen. Doch was Menschen darüber hinaus wissen sollten, ist umstritten und hängt wesentlich davon ab, in welchen Kreisen man verkehrt. Im Grunde gibt es keine Lerninhalte, die tatsächlich absolut notwendig sind; Wissen und Fähigkeiten sind stets nur bedingt notwendig. Wenn jemand eine bestimmte Sache erreichen will, muß er dazu dieses oder jenes können oder wissen – wenn nicht, dann nicht.

Es erscheint uns weder nötig noch sinnvoll, von allen zu verlangen, das gleiche zu lernen. Trotz verbindlicher Lerninhalte in der Schule wissen Erwachsene nicht alle das gleiche. Die meisten Menschen beherrschen nur das, wofür sie sich interessieren, während sie den Rest wieder vergessen (oder erst gar nicht gelernt) haben. Doch obwohl sie über einen Großteil des vermeintlich wichtigen Fachwissens, das alle in der Schule lernen mußten, kaum Bescheid wissen, bereitet ihnen das im alltäglichen Leben fast nie Probleme.

Häufig wird gegen völlige Lernfreiheit eingewandt, daß Kinder noch nicht wissen könnten, welches Wissen bzw. welche Fähigkeiten sie einmal brauchen werden.In unserer sich immer schneller verändernden Welt kann jedoch auch kein Erwachsener sagen, welches Wissen heutige Kinder in Zukunft als Erwachsene brauchen werden.

Es lohnt sich nicht, alles mögliche auf Vorrat zu lernen. Bei der riesigen und immer größer werdenden Menge an weltweit verfügbarem Wissen wäre das auch gar nicht möglich. Man kann Dinge dann lernen, wenn absehbar ist, daß man sie braucht. Wenn man etwas Konkretes wissen will, kann man es in einem Lexikon nachschlagen, im Internet danach suchen oder jemanden fragen. Viele Fakten, Zahlen und Zusammenhänge wird jeder im Laufe der Zeit ganz nebenbei hier und da aufschnappen.

Wichtiger als das Auswendiglernen von Faktenwissen ist die Fähigkeit, sich in neuen Situationen zurechtzufinden und mit neuen Informationen umzugehen. Vor allem kommt es darauf an, die bei jedem Menschen anfangs vorhandene Freude am Lernen zu erhalten.

Lernen, wann man will

Viele Leute glauben, wenn man aufhört, Kindern vorzuschreiben, was sie zu welchem Zeitpunkt lernen sollten, müßten sich die Kinder bereits mit 6 Jahren festlegen, welche Themen sie in ein paar Jahren lernen werden: Wenn sie nicht mit 6 Jahren anfingen, Mathematik zu lernen, hätten sie keine Möglichkeit mehr, mit 13 Jahren Physik zu lernen. Diese Vorstellung geht jedoch von einem äußerst starren Schulsystem (wie etwa unserem heutigen) aus, in dem es jeweils nur einen Punkt gibt, an dem man anfangen kann, sich mit bestimmten Themengebieten zu beschäftigen, weil später „der Zug abgefahren“ sei.Da man zum einen die für das Lernen so wichtige von innen kommende Motivation nicht verordnen kann und zum anderen Menschen jeden Alters bei vorhandener Motivation erheblich schneller und mit dauerhafterem Erfolg lernen, muß das Bildungswesen so konzipiert werden, daß ein Schüler im wesentlichen jederzeit anfangen kann, sich mit bestimmten Themen zu beschäftigen.

Orientierung an der Außenwelt

Junge Menschen, die in Freiheit aufwachsen, wollen im Leben zurechtkommen. Sie lernen deshalb nicht nur die Dinge, die sie unmittelbar interessieren, sondern lassen sich auch auf unangenehme Aktivitäten ein, wenn sie die Grundlage für etwas sind, das sie interessiert, oder wenn sie ihnen helfen, andere Dinge zu erreichen, z.B. den gewünschten Beruf zu bekommen oder die Zugangsvoraussetzung für eine Universität zu erfüllen. Gerade in einer Umgebung, die frei von Lernzwang ist und in der Kinder selbst die Verantwortung für ihr Lernen tragen, statt blind den Vorgaben anderer zu folgen, nehmen sie aufmerksam Notiz davon, womit andere Kinder und Jugendliche gleichen, höheren oder auch niedrigeren Alters sich beschäftigen. Den Schülern ist also auch bewußt, womit sie sich noch nicht gut auskennen. Und wenn dieses Wissen oder diese Fähigkeiten für sie von Bedeutung sind, werden sie sich auch darum kümmern.

Lernzwang schadet

Lernzwang ist nicht nur einfach unnötig; er richtet auch erheblichen Schaden an. Zwang geht mit einer Bedrohung einher: Wer sich dem Zwang nicht beugt, muß Konsequenzen wie schlechte Zensuren, Sitzenbleiben, Machtdemonstrationen des Lehrers, schulische Ordnungsmaßnahmen und ggf. Ärger mit den Eltern ertragen. Unter einer solchen Bedrohungssituation kann man jedoch kaum lernen, weil man seine Aufmerksamkeit viel mehr auf die Bedrohung als auf das eigentlich zu Lernende richtet. Wer Angst hat und sich bedroht fühlt, kann seine Kreativität nicht entfalten.

Wenn Menschen lernen, tun sie das mit allen Sinnen. Wissen wird im Gehirn nicht einfach zusammenhangslos abgelegt. Wenn man das erworbene Wissen später wieder aufruft, erinnert man sich meist auch an die Umstände, unter denen man mit dem Thema zu tun hatte, also z.B. an bestimmte Unterrichtssituationen und Gefühle. Wenn in der traditionellen Schule der Zwang die Schüler dazu bringt, mühsam, lustlos und gegen den eigenen Willen eine bestimmte Sache zu lernen, werden sie diese Sache stets mit der unangenehmen Zwangslernsituation assoziieren. Um sich diese unangenehmen Gefühle zu ersparen, versuchen sie dann, mit solchen Themen möglichst selten zu tun zu haben. Allein das Stichwort „Mathe“ oder „Latein“ genügt dann, um sie auf sichere Distanz gehen zu lassen. Das Ausüben von Druck und Zwang senkt also die Wahrscheinlichkeit, daß jemand sich mit dem jeweiligen Thema später wieder beschäftigen will. Wenn jemand etwas nicht lernen wollte, aber dennoch gezwungen wurde, wird er es später – wenn nicht gerade eine Gehirnwäsche dazwischen kommt – entweder nie wieder benutzen oder wenn doch, darunter leiden. Daher bringt die Qual noch nicht mal etwas.

Lernen ist immer situationsbezogen. Deshalb können viele Schüler das Gelernte zwar in einer Leistungsüberprüfung wiedergeben, können es aber nicht in außerschulischen Situationen anwenden. Daher läßt sich auch die Behauptung, Schüler würden in herkömmlichen Schulen „lernen, wie man lernt“, nicht aufrechterhalten.

Lernfreiheit für Menschen jeden Alters

Viele Menschen glauben, daß am ehesten Jugendliche mit der Lernfreiheit zurechtkämen, während kleine Kinder damit überfordert wären. Die Erfahrung von Demokratischen Schulen zeigt jedoch das Gegenteil. Kleine Kinder bringen so viel Energie und Neugier mit. Für sie gibt es noch so viele spannende Dinge zu entdecken. Wohingegen es Jugendlichen, die über eine lange Zeit zum Lernen gezwungen worden sind, wesentlich schwerer fällt, aus eigenem Antrieb zu lernen. Aber nur weil sich Jugendliche erst auf ein selbstgesteuertes Lernen umstellen müßten, heißt das nicht, daß man sie ruhig weiter zwingen kann. Eine Erholung von den Schäden, die das Zwangslernen angerichtet hat, ist nur in Freiheit möglich.

Die in einer freien Lernumgebung entstehende Spontanität, Lebendigkeit und Kreativität läßt sich durch keinen Lehrplan festlegen. Tiefgründiges und über die Schulzeit hinaus anhaltendes Lernen läßt sich nicht erzwingen – aber es kann in Freiheit wachsen.

Lernen ohne Schule

Aus diesen Betrachtungen über das Lernen folgt, daß Lernen auch ohne staatliche Organisation und außerhalb von Bildungseinrichtungen stattfindet, z.B. am Nachmittag, am Wochenende und in den Ferien. Schulen können, wenn sie vernünftig organisiert sind, Kindern dabei helfen, bestimmtes Wissen oder Fähigkeiten zu erwerben; unvermeidliche Voraussetzung für das Lernen sind sie nicht.

Der bewußte Verzicht auf den Schulbesuch bei Aufrechterhaltung der Bildungsbemühungen wird als Homeschooling bzw. Home Education bezeichnet. In den USA gibt es fast 2 Millionen Kinder und Jugendliche, die ohne Schule lernen.

Homeschooling muß für die Kinder jedoch nicht immer mehr Freiheit bedeuten als eine gewöhnliche Schule. Denn die Bildungskonzepte, die sich hinter dem Begriff Homeschooling verbergen, sind höchst unterschiedlich. Christliche Fundamentalisten wollen liberale weltliche Einflüsse von ihren Kindern fernhalten. Andere Homeschooling-Eltern wollen individueller auf ihre Kinder eingehen, ohne jedoch die gewöhnlichen Schulen grundlegend in Frage zu stellen. Und so werden auch dort die Kinder einfach zu Hause von Eltern oder Verwandten nach mehr oder weniger traditionellen Lehrplänen unterrichtet. Eine weitere Gruppe will den Kindern ähnlich wie in Alternativschulen zuhause eine freiere Umgebung bieten, ohne ihnen die volle Entscheidungsbefugnis über ihr Lernen zu überlassen.

Eine Sonderform des Homeschooling oder hier besser der Home Education ist das Unschooling. Unschooling ist vom Kind geleitetes Lernen in einer Wohnumgebung, statt die Schule und ihre Lehrpläne zuhause nachzuahmen. Es gibt also auch keinen geplanten Unterricht oder bestimmte Zeiten am Tag, für die schulähnliche Aktivitäten vorgeschrieben sind. Themen werden behandelt, wenn das Interesse des Kindes es verlangt, nicht wenn Bildungsexperten behaupten, daß es Zeit wäre, ein Thema zu kennen. Die Eltern – oder die Personen, mit denen das Kind zusammenlebt – verfolgen nicht wie die anderen Homeschooler einen Plan, den sie ”notfalls” auch gegen den Willen des Kindes durchsetzen würden.

Auch wenn Homeschooler und Unschooler nicht so automatisch mit anderen Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen wie Kinder, die zur Schule gehen, sind die sozialen Kontakte in der Regel doch recht ausgeprägt. Oft schließen sich Homeschooling-Familien zusammen und organisieren gemeinsame Aktivitäten. Mancherorts gibt es auch Resource Centers, die ihnen zur Nutzung offenstehen.

Wenn Kinder und Jugendliche lieber ohne als mit Schule lernen wollen, muß das prinzipiell möglich sein. Hier zeigt sich aber auch wie wichtig es ist, daß nicht die Eltern, sondern die Kinder das Recht bekommen zu entscheiden, was und auf welche Weise sie lernen. Es muß sichergestellt werden können, daß niemand zum Lernen gezwungen wird.

Grundzüge für ein freiheitliches Bildungssystem

Statt der Schulpflicht müssen Kinder und Jugendliche ein Recht auf Bildung haben, auf selbstbestimmte Bildung. Dieses Recht muß individuell einklagbar und im Zweifelsfall auch gegenüber den Eltern durchsetzbar sein.

Der Staat richtet Demokratische Schulen ein: Schulen, die durch eine Schulversammlung von Schülern und Mitarbeitern in direktdemokratischer Weise nach dem Prinzip „Ein Mensch – eine Stimme“ geleitet werden. In diesen Schulen werden Schüler nicht zum Lernen gezwungen oder gedrängt. Die Schüler werden nicht gegen ihren Willen durch Zensuren oder ähnliches bewertet.

Für diejenigen Schüler, die die heutige Schule so toll finden, können genügend viele Exemplare traditioneller Schulen so erhalten bleiben, wie sie sind. Keinem Schüler soll etwas weggenommen, es sollen nur weitere Möglichkeiten hinzufügt werden: Neben demokratisierten Staatsschulen und traditionell bleibenden Schulen kann eine Vielzahl anderer nicht vom Staat organisierter Schulen bestehen, die den unterschiedlichsten Konzepten folgen. Das derzeitige, faktisch staatliche Schulmonopol weicht damit einer pluralistischen Bildungslandschaft, die auch nichtschulische Bildungsformen wie Homeschooling und Unschooling anerkennt. Der Staat finanziert nicht-staatliche Schulen genauso bedarfsgerecht wie seine eigenen, so daß kein Schüler Schulgeld zahlen muß.

Kinder und Eltern sollen gemeinsam über den Besuch oder Nichtbesuch einer Schule entscheiden. Die Anmeldung an einer Schule oder einem sonstigen Bildungsprogramm kann sowohl auf die Kinder als auch auf ihre Eltern zurückgehen. Beide haben ein Einspruchsrecht gegen Entscheidungen durch den anderen. Die Kinder können ihren Eltern in dieser Angelegenheit das Vertrauen entziehen und andere Personen ihres Vertrauens mit der Regelung ihrer Schulbesuchs-Angelegenheiten beauftragen. Jeder Inhaber einer solchen Schulregelungs-Berechtigung muß seine Zustimmung geben, wenn das Kind sich bei einer Schule neu anmelden oder künftig ohne Schule leben will. Bei ihren Entscheidungen werden die Kinder bzw. Jugendlichen von dem einzurichtenden Amt für freie Wahl der Bildung unterstützt. Die letztendliche Entscheidung treffen durch diese Regelung die Kinder und Jugendlichen jeweils selbst.

Insbesondere für Kinder, deren Eltern sich nicht um Bildungsmöglichkeiten für sie kümmern, ist die reale Entscheidungsfreiheit in einer Demokratischen Schule mit Kursangebot weitaus größer als beim Aufwachsen ohne Schule.Daher sollen Kinder mit 5 oder 6 Jahren standardmäßig in eine Demokratische Schule eingeschult werden. Natürlich sind auch andere Bildungsformen ohne weiteres möglich, wenn das Kind sich mit seinen Eltern darauf einigt (oder sich im Konfliktfall gegen sie durchsetzt).

Die Eltern werden verpflichtet, die Kinder über ihre Möglichkeiten im Bildungssystem zu informieren. Alle Eltern und Kinder müssen einmal im Jahr einen Berater des Amts für freie Wahl der Bildung aufsuchen – zur Vermeidung von Unwissenheit bzw. Machtmißbrauch seitens der Eltern, so daß Kinder in jedem Fall um Alternativen wissen.

Die bisherigen Abschlußprüfungen könnten durch Aufnahme- oder Zugangsprüfungen an den nachfolgenden Institutionen wie z.B. Hochschulen ersetzt werden. Wer sich z.B. detailliert mit Physik beschäftigen will, sollte von den benötigten mathematischen Grundlagen schon etwas Ahnung haben. Und wer Gasinstallateur werden will, sollte auch weiterhin eine entsprechende Kenntnisse dafür nachweisen müssen. Wann, wo, wie und von wem er sich geeignete Grundlagen aneignet, muß jeder selber entscheiden dürfen.

Halbe Sachen: andere Alternativen zur Schulpflicht

Durch das Weglassen jeweils nur einer der beiden Komponenten der Schulpflicht – das ist zum einen die Pflicht, eine Schule zu besuchen; und zum anderen die Pflicht, von anderen vorgegebene Themen zu behandeln und Inhalte zu lernen – ergeben sich die Alternativformen „Bildungspflicht“ und „liberalisierte Schulpflicht“.

Bildungspflicht bedeutet, daß man sich bilden muß, und sie gibt bestimmte Inhalte vor, überläßt einem jedoch die Entscheidung, wie man die Lernziele erreicht. Man ist nicht gezwungen, dazu eine Schule zu besuchen; Homeschooling ist prinzipiell möglich. Gleichzeitig sind die staatlich vorgeschriebenen Lernziele in der Regel weniger eng gefaßt, als Schüler in Staatsschulen dies erleben. Bildungspflicht besteht beispielsweise in den USA und einigen europäischen Staaten wie Dänemark, Österreich, Frankreich und Großbritannien.

Gegen die Bildungspflicht ist einzuwenden, daß sie von einem insgesamt trotzdem noch zu verengten Bildungsbegriff ausgeht. Der Staat behält sich das Recht vor, vorzuschreiben, was der Einzelne zu lernen hat, und dies auch zu überprüfen. Die Kinder bzw. Eltern müssen sich auf Anfrage für ihre jeweiligen Bildungsentscheidungen rechtfertigen. Selbstbestimmung über das Lernen ist nicht garantiert, es hängt vielmehr von der Gewährung durch den jeweiligen Bildungsprüfer ab. Auch wenn das vielleicht nicht zwangsläufig so sein müßte, geht die Bildungspflicht doch vor allem von einer Entscheidungsfreiheit der Eltern – statt jener der Kinder – aus.

Unter liberalisierter Schulpflicht verstehen deren Befürworter die grundsätzliche Pflicht, eine Schule zu besuchen, jedoch mit der Möglichkeit, innerhalb dieser Schule über das eigene Lernen selbst bestimmen zu können. Homeschooling bzw. Unschooling ist dann nicht möglich. Es gibt keine pluralistische Bildungslandschaft, sondern ausschließlich staatliche Schulen; diese unterteilen sich nicht weiter in verschiedene Schultypen.

Der Vorschlag, die Schulpflicht zu liberalisieren statt sie ganz zu überwinden, verdient insofern besondere Aufmerksamkeit und eine besonders gründliche Auseinandersetzung, als er von Leuten vertreten wird, die ähnlichen gesellschaftlichen Grundwerten anhängen wie wir und teilweise auch in Schülervertretungskreisen aktiv sind. Die liberalisierte Schulpflicht darf fairerweise nicht auf die derzeit existierenden Schulen bezogen werden, da sie bereits von einem homogenen demokratischen Staatsschulwesen ausgeht, in welchem sie andere Wirkungen hinterließe. Folglich lassen sich ihr nicht alle Mängel anhängen, die heutzutage auf die Schulpflicht zurückzuführen sind. Es ist also wichtig zu unterscheiden, welche Mängel inhärent von der Schulbesuchspflicht ausgehen, und welche durch Lernzwang und Erziehungsversuche entstehen.

Schulpflicht als Garantie für das Recht auf Bildung?

Einige Anhänger der Schulpflicht behaupten, in der Schulpflicht konkretisiere sich das Recht auf Bildung. Die Einführung der Schulpflicht habe Kinder von dem Zwang befreit, in Fabriken zu arbeiten. Damit wurde ein Zwang gegen einen anderen eingetauscht. In Anbetracht der damaligen Arbeitsbedingungen mag das eine Verbesserung gewesen sein. Um Selbstbestimmung für Kinder ging es aber damals gewiß nicht. Ob die Schulpflicht in früheren Zeiten mal sinnvoll war, kann aber dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, daß die Schulpflicht im 18. und 19. Jahrhundert ihre Verdienste hatte und ein Fortschritt war, so rechtfertigt das noch nicht ihr Fortbestehen in der heutigen Zeit.

Wenn behauptet wird, das Recht auf Bildung lasse sich ohne Schulpflicht nicht verwirklichen, ist der mitunter angeführte Verweis auf illegal in Deutschland lebende Kinder und Jugendliche – die nicht der Schulpflicht unterliegen und die häufig unter miserablen Bedingungen arbeiten gehen müssen – unbrauchbar, weil Illegalisierte nicht nur keine Schulpflicht haben, sondern auch kein Recht auf Bildung und genauso wenig die Möglichkeit, sich gegen ausbeuterische Arbeit zu wehren; sie haben überhaupt keine irgendwie einklagbaren Rechte, da sie offiziell gar nicht hier leben.

Die Konkretisierung des Rechts auf Bildung kann die Schulpflicht aus dem Grund nicht sein, weil ein Recht, sofern es sich auf eine Handlung oder eine Leistung bezieht, immer eine Entscheidungsfreiheit bedeutet, also auch immer die Möglichkeit beinhaltet, die von dem Recht geschützte Handlung nicht zu begehen bzw. gewährte Leistung nicht in Anspruch zu nehmen. Wer käme beispielsweise auf die Idee, die ungestörte Religionsausübung dadurch garantieren zu wollen, daß man den Besuch der Kirche vorschreibt? Durch die Pflicht, sich soundsoviele Stunden pro Woche in der Schule aufzuhalten, wird das Recht auf Bildung sogar eingeschränkt, weil es dem Schüler die Möglichkeit nimmt, in dieser Zeit an anderen Orten Dinge zu lernen, die die Schule womöglich nicht bietet.

Ungeachtet der obigen Überlegung kann eine Pflicht dennoch in gewisser Hinsicht als ein Recht aufgefaßt werden. Denn wenn jemand zu einer bestimmten Handlung verpflichtet ist, beinhaltet das auch, daß er an dieser Handlung nicht gehindert werden darf. Versuche anderer Leute, den zu einer Handlung Verpflichteten dazu zu drängen, jene Handlung nicht zu begehen, können von ihm relativ einfach zurückgewiesen werden. Er braucht nur darauf zu verweisen, daß er – selbst wenn er wollte – aufgrund seiner Pflicht gar nicht anders handeln könne, weil diese ihm keinerlei Spielraum lasse. Jemand der hingegen zu einer Handlung oder Leistungsinanspruchnahme zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, kann leichter unter Druck gesetzt werden, seinen eigenen eigentlichen Handlungswunsch zurückzustellen, da er nicht einfach das Nicht-Dürfen vorschieben kann. So ist z.B. bei demokratischen Wahlen die Benutzung einer Wahlkabine zwingend vorgeschrieben, damit niemand in seiner Wahlentscheidung unter Druck gesetzt werden kann.

In diesem Sinne sollen auch Kinder und Jugendliche dem Zugriff möglicher Bedränger entzogen werden, zu denen auch ihre Eltern gehören können. Das im freiheitlich-demokratischen Bildungssystem zu schützende Recht des Kindes auf selbstbestimmte Bildung beinhaltet allerdings – im Gegensatz zur Schulpflicht – sowohl das Recht, sich an einer selbstgewählten Schule zu bilden, als auch das Recht, nicht zum Besuch irgend einer Schule gezwungen zu werden. Schulpflicht stärkt einseitig jene, die tatsächlich zur Schule gehen wollen – zu Lasten derjenigen, die sich anderweitig bilden wollen; der Wille der jungen Menschen bleibt unberücksichtigt. Statt sie vor Bedrängern zu schützen, macht sich der Staat mittels der Schulpflicht selbst zum Angreifer.

Die Schulpflicht ist auch deshalb der falsche Weg, weil in einer Gesellschaft, die die Schwächeren schützen will, den Schwächeren nicht auch noch ihre Rechte weggenommen werden dürfen, sondern – ganz im Gegenteil – ihre Rechte besonders geschützt werden müssen; im Zweifelsfall muß dazu die Macht der Mächtigeren beschnitten werden. Die Schulpflicht hingegen schränkt die Handlungsmöglichkeiten der Schwächeren – der Kinder – ein.

Um das Recht des Kindes auf selbstbestimmte Bildung zu schützen, kann man bestimmte Verfahrenswege festlegen, die bei der An- und Abmeldung bei einer Schule einzuhalten sind, die dem Zugriff (und Einblick) möglicher Angreifer entzogen sind. Das weiter oben kurz beschriebene Modell der Schulregelungs-Berechtigung würde diese Aufgabe erfüllen. Weder Außenstehende noch die Eltern, die selbst Inhaber einer Schulregelungs-Berechtigung sind, wissen, wer noch alles so eine Berechtigung hat. Dadurch kann das Kind behaupten, daß ein anderer Schulregelungs-Berechtigter seine Zustimmung nicht gegeben hat, auch wenn nur es selbst nicht nachgeben will.

Dem Einwand der Schulpflicht-Befürworter, daß die Pflicht, eine Schule zu besuchen, Selbstbestimmung überhaupt erst ermögliche, da so andere Formen von Fremdbestimmung zurückdrängt werden und damit eine Schutzfunktion erfüllt werde, ist hiermit begegnet.

Schulpflicht und Kinderarbeit

Da die Schulpflicht häufig mit Verweis auf die Kinderarbeit verteidigt wird, ist es angebracht zu untersuchen, in welchem Maße Schulpflicht und Kinderarbeit denn heute überhaupt in Konkurrenz zu einander geraten könnten. Zunächst: Die Annahme, daß die Schulpflicht Kinderarbeit verhindere, stimmt nicht. Dort, wo die wirtschaftliche Situation der Familie dies erzwingt, gehen Kinder trotz Schulpflicht arbeiten – z.B. nachmittags nach dem Unterricht. In Deutschland ist dieses Phänomen nicht so verbreitet wie in vielen Dritte-Welt-Ländern. Kinderarbeit ist hierzulande nicht zugelassen; Jugendliche dürfen nur sehr beschränkt arbeiten. Aber Gesetze können geändert werden; vielleicht ist Kinderarbeit eines Tages auch hier erlaubt.

Zumindest sind die Arbeitsbedingungen heute wesentlich besser als im 19. Jahrhundert – auch sind die Berufe einfach andere. Kinder wären somit nicht mehr den gleichen Gefahren wie damals ausgesetzt. Aber angesichts hoher Arbeitslosigkeit hätten Kinder ohnehin keine guten Chancen, eine bezahlte Arbeit zu finden; selbst jugendliche Schüler, finden nur mit Mühe einen Ferienjob; erwachsene Hilfsarbeiter gelten einfach als zuverlässiger und belastbarer.

Nachdem Schulpflicht Kinderarbeit nicht verhindert, würde Kinderarbeit denn den Erwerb von Bildung verhindern? Auch diese Frage kann verneint werden. Kinder in Deutschland sind allenfalls ein paar Stunden pro Woche damit beschäftigt, Geld für ihren persönlichen Bedarf zu verdienen. Die Möglichkeiten, mit oder ohne Schule Bildung zu erlangen, sind davon nicht ernsthaft bedroht.

Durch eine Sozialpolitik, die Kindern ein eigenes frei verfügbares Grundeinkommen sichern würde, könnten Kinder sogar ganz ohne bezahlte Arbeit und Abhängigkeit von den Eltern legal über eigenes Geld verfügen.

Der nachfolgende Abschnitt setzt sich spezifischer mit den Einwänden der Anhänger einer bloß liberalisierten Schulpflicht auseinander. Es wird begründet, warum ein pluralistisches Bildungssystem der Freiheit von Kindern und Jugendlichen besser dient als eine demokratisierte Staatsmonopol-Schule.

Pluralistisches Bildungssystem vs. demokratisierte Staatsmonopol-Schule

Die Anhänger der liberalisierten Schulpflicht behaupten, in der Debatte um Schulpflicht gehe es nicht primär um Lernkultur, sondern darum, wie man Schule „als gesellschaftlichen Ort“ organisiere. Die Schulpflicht lasse sich durchaus mit „antiautoritärem Lernen“ verbinden. Dabei übersehen sie aber offenbar, daß durch die Gestaltung der Umgebung letztendlich doch vorgegeben würde, womit die Schüler sich zu beschäftigen haben. Die Lernfreiheit wird auf jenes Lernen beschränkt, das innerhalb der Schule möglich ist. Das ist so, als würde man sagen: Es besteht Presse- und Informationsfreiheit, aber es gibt ausschließlich die staatliche Zeitung, deren Redaktion allerdings durch Wahlen bestimmt wird. Es geht also sehr wohl um Lernkultur, wenn gleichzeitig vor „übertriebenem Individualismus“ gewarnt und dafür die Forderung erhoben wird, daß verschiedene Vorstellungen, wie Schule zu organisieren sei, im einheitlichen öffentlichen Schulwesen um Hegemonie ringen sollen; es wird bloß in der Sache nicht eine bestimmte Erscheinungsform bevorzugt.

Anhänger der liberalisierten Schulpflicht befürchten, die Abschaffung der Schulpflicht führe gleichzeitig zur Abschaffung des staatlichen Bildungsmonopols. Diese Schlußfolgerung ist durchaus richtig. Denn wenn der Staat junge Menschen nicht mehr zwingen darf, zu Bildungszwecken eine (staatliche) Schule aufzusuchen, kann er auch nicht mehr Monopolist sein, da manche Kinder und Jugendlichen dann auf anderen Wegen zu Bildung kommen.

Dadurch, so jene Kritiker weiter, werde jedoch aus der öffentlichen Verantwortung für Bildung eine private. Doch was ist hier mit Verantwortung gemeint? Die Finanzierung des Bildungswesens übernimmt in beiden Modellen in vollem Umfang der Staat. Ebenso ist der Staat verpflichtet, Schulen bereitzustellen, die demokratisch von den Schülern und Mitarbeiter geleitet werden und durch die das Recht auf Bildung garantiert wird. Diese Schulen müssen Bedingungen garantieren, unter denen man gut lernen kann. Wie ein Schüler diese Möglichkeiten dann nutzt und was er dabei lernt, ist – gemäß beider Modelle – seine eigene Entscheidung und liegt damit auch in seiner eigenen Verantwortung. Wo also liegt der Unterschied?

Die Verteidiger der Schulpflicht warnen, die Aufhebung von Schulpflicht und staatlichem Bildungsmonopol bedeute die Privatisierung des Bildungswesens, und dies führe letztendlich zu einem elitären Bildungssystem. Die Befürchtung nach Privatisierung ist vermutlich auch auf das Wort „Privatschule“ zurückzuführen, das jedoch ganz allgemein Schulen in nicht-staatlicher Trägerschaft bezeichnet. Solche Träger können Kirchen oder eingetragene Vereine sein. Mit Privateigentum hat das zunächst nicht viel zu tun. Anders als bei Privatisierungen üblich, geht es dem Staat bei dem von uns favorisierten pluralistischen Bildungswesen nicht darum, sich finanzieller Lasten zu entledigen und Risiken auf andere abzuwälzen – im Gegenteil, der Staat übernimmt sogar die Finanzierung bestehender nicht-staatlicher Schulen. Aus den Schulen werden jedenfalls keine Wirtschaftsunternehmen, deren Ziel es wäre, Gewinne zu erzielen. Und es ist auch nicht so, daß der Staat Wert darauf legt, seine Schulen dann alle loszuwerden. Wenn gleichzeitig die Erhebung von Schulgeld verboten wird, ist die Entstehung eines elitären Bildungssystems kaum möglich.

Wie staatliche und private Einrichtungen mit unterschiedlichen Konzepten nebeneinander existieren können, kann man bei Betreuungseinrichtungen für Kinder im Vorschulalter sehen – wenn auch mit dem Mangel, daß staatliche wie auch freie Träger Gebühren erheben und kein Rechtsanspruch auf einen Platz besteht. In ähnlicher Weise kann auch die Existenz von Jugendfreizeiteinrichtungen als öffentliche Aufgabe angesehen werden. Aber soll es deshalb ausschließlich staatliche Einrichtungen geben dürfen?

Es stellt sich die Frage, inwieweit sich staatliche und „private“ Schulen in ihrem Status überhaupt unterscheiden. Ein Unterschied ist, von wem die Initiative zur Schulgründung ausgeht – wer den Gründungsprozeß organisiert: Staat oder sonstige. Das könnte dann auch Auswirkungen darauf haben, wer irgendwann mal entscheidet, ob der Schulbetrieb eingestellt wird (ohne daß es dafür finanzielle Gründe gäbe). Eine staatliche Schule dürfte wahrscheinlich auch nicht selbst entscheiden, künftig einem anderen Konzept zu folgen, da ihr Zweck darin besteht, daß stets demokratische Schulen bestehen und jedes Kind auf eine solche gehen kann. Bei nicht-staatlichen Schulen müßte eine Konzeptänderung prinzipiell möglich sein.

Die Anhänger des Staatsschulmonopolismus vertreten die Ansicht, Demokratisierung sei nur in einem öffentlichen Bildungswesen möglich. Eine Demokratisierung können natürlich immer nur diejenigen durchführen, die über die Organisationsform einer Einrichtung entscheiden. Da der Staat eine Demokratisierung seiner Schulen bisher verhindert hat, konnten demokratische Schulen wie Summerhill und Sudbury Valley nur dort entstehen, wo es möglich war, sie als Privatschulen zu errichten. Erst nachdem dies in verschiedenen Gegenden der Welt geschehen war, entschloß sich als erster Staat der Welt Israel dazu, mit der Demokratisierung einer Handvoll staatlicher Schulen zu beginnen.

Demokratisierung kann nicht nur unter Staatsmonopol stattfinden. Auch im vom uns angestrebten pluralistischen System demokratisiert der Staat seine Schulen. Allerdings sind bei weitem nicht alle heutigen Schüler daran interessiert. Viele verteidigen die heutigen undemokratischen Strukturen oder wünschen sich noch ganz andere Modelle. Diese Schüler sollen die Möglichkeit haben, in nicht vom Staat organisierten Schulen auf ihre Weise glücklich zu werden. Unter staatsmonopolistischen Verhältnissen hingegen würde ihrem Anliegen nicht entsprochen werden können.

Die Verfechter der liberalisierten Schulpflicht wollen aber eine demokratische Kontrolle über alle Schulen. Bei entsprechender Ausgestaltung dieser demokratischen Kontrolle wäre zumindest nicht der gleiche Grad an Unbeweglichkeit des Schulwesens zu erwarten, wie man ihn heute vorfindet. Aber was geschieht mit der im demokratischen Prozeß unterlegenen Minderheit? In einem pluralistischen System hat sie die Möglichkeit, ihre eigenen Vorstellungen zu verwirklichen.

Die Freiheit von Kindern und Jugendlichen, über ihre Bildung selbst zu bestimmen, hat für uns den Charakter eines individuellen Grundrechts, welches nicht einfach dadurch außer Kraft gesetzt werden kann, daß eine Mehrheit eine andere Auffassung vertritt. Das schließt demokratisch legitimierte staatliche Eingriffe in diese Freiheit nicht völlig aus, stellt aber klar, daß sie die Ausnahme bleiben müssen.

Die Weigerung, mehr als eine Schulform zuzulassen stammt vermutlich aus der Ablehnung des heutigen dreigliedrigen Schulsystems. Schüler unterschiedlicher Leistungsfähigkeit sollen gemeinsam in der gleichen Schule lernen. Die Schule müsse in der Lage sein, solche unterschiedlichen Voraussetzungen zu integrieren. Länder, die ein reines Gesamtschulsystem haben, zeigen, daß dies tatsächlich funktioniert und – was die schulischen Leistungen angeht – allen Schülern hilft. Um Leistungsdifferenzierung geht es uns als Anhängern einer pluralistischen Bildungslandschaft auch gar nicht, sondern um die Verwirklichung unterschiedlicher Konzepte, die sich nicht innerhalb ein und der selben Schulräumlichkeit vereinbaren lassen. Eine Schule kann nicht gleichzeitig einerseits auf einem reichhaltigen Kursangebot basieren und andererseits dem Grundsatz folgen, daß Kurse keine allzu große Bedeutung haben und erst durch Initiative von Schülern ins Leben gerufen werden können. Dennoch hat jedes dieser Konzepte seine Berechtigung. Wir wollen auch keine Selektion betreiben. Schüler werden nicht durch andere auf Schultypen aufgeteilt, sondern entscheiden selbst.

Manche Kritiker eines pluralistischen Systems befürchten, daß das Zulassen nicht-staatlicher Schulen dazu führt, daß einige wenige mittels „privater“ Schulen Lösungen für ihren Eigenbedarf schaffen, aber der Großteil der Kinder und Jugendlichen links liegen gelassen wird. Doch selbst wenn staatliche Schulen sich bemühen sollten, möglichst allen gerecht zu werden und viele verschiedene Ideen unter ein Dach zu bekommen, lassen sich nicht alle Vorstellungen am selben Ort gleich gut verwirklichen.

Ein staatsmonopolistisches Gesamtschulwesen bedeutet eine Zwangs- gemeinschaft, aus der niemand aussteigen darf. Ein solcher Zwang zur Gemeinschaft bedarf allerdings eines besonders zwingenden Grundes. Und der ist hier nicht gegeben. Eine Grundidee der Demokratie ist, daß jeweils die Menschen über eine Sache entscheiden sollen, die von ihr betroffen sind. Bei vielen Entscheidungen sind verschiedene Menschen sehr unterschiedlich stark von den Folgen betroffen. Der Großteil des politischen und gesellschaftlichen Geschehens ist an einen Ort gebunden. Dabei sind die Menschen in der unmittelbaren Umgebung meist am stärksten betroffen. Deshalb beziehen sich Gesetze und ähnliche Regelungen auf das Zusammenleben der Menschen eines bestimmten Gebietes. Da die Handlungen einzelner Bewohner die Handlungsfreiheit und Entfaltung der übrigen Bewohner einschränken könnten, darf niemand eigenmächtig beanspruchen, daß diese gemeinsamen Gesetze für ihn nicht mehr gelten. Denn dadurch würde er den anderen Menschen die Möglichkeit nehmen, über ihr eigenes Lebensumfeld mitzubestimmen. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene sind demokratisch organisierte Zwangsgemeinschaften demnach legitimiert.

Das Schul- und Bildungswesen als gesamtes unterscheidet sich allerdings von einem Staatswesen. Zum einen ist das Bildungswesen nur einer von vielen Teilen der Gesellschaft und damit nicht ganz so komplex wie ein komplettes Staatswesen. Während – zum anderen – ein Staatswesen an ein Territorium gebunden ist und dessen gesamte Einwohnerschaft einschließt, sind Schulen nicht darauf angewiesen, daß alle Kinder eines Ortes oder Stadtteils die selbe Schule besuchen. Vielmehr begeben sich die Schüler jeden Tag aufs neue in die Schule, und verbringen dort nur einen begrenzten Teil ihrer Zeit. Und nur innerhalb einer jeweiligen Schule kann beansprucht werden, daß sich jeder an die gleichen Schulregeln halten muß. Durch die Nicht-Bindung an ein Territorium bzw. den Wohnsitz der Beteiligten können viele Schulkonzepte nebeneinander bestehen, ohne sich in die Quere zu kommen. In einem Staatswesen kann den Menschen sicherlich auch nicht zugemutet werden, woanders hinzuziehen, falls ihnen die gesamte Ausrichtung nicht paßt. Schließlich konnte man sich nicht vorher aussuchen, wo man geboren wird, und hat dort nun vielfältige persönliche Bindungen aufgebaut. Bei der Bildungsstätte wäre es in einem pluralistischen Bildungswesen sehr wohl möglich, vorher eine Entscheidung zu treffen, wo und wie man lernen will. Die flächendeckende Existenz staatlicher demokratischer Schulen sorgt dafür, daß nicht nur unfreiheitliche Schulen zur Auswahl stehen.

Eine bestimmte Schule zu verlassen oder sogar gänzlich ohne Schule zu lernen, ist also nicht gleichbedeutend damit, sich auf gesamtgesellschaftlicher Ebene außerhalb der Gesellschaft stellen zu wollen.

Welche weiteren Bedenken gibt es gegen Vielfalt im Bildungswesen?

Die Gesamtschulbefürworter wollen, daß die in dieser oder jener Hinsicht Schwächeren nicht zurückgelassen werden. Solidarität ist auf die Einbindung der Starken angewiesen. In Bezug auf Wissen, Leistung und sonstige Kompetenzen haben „stark“ und „schwach“ aber nur eine Bedeutung, wenn die Erwartung besteht, daß alle im gleichen Alter das gleiche tun sollen. In einer freiheitlich-demokratischen Schule lernen Kinder aber nach ihrem eigenen Interesse und nicht nach einem vorgegebenen Lehrplan; sie beginnen also ohnehin in ganz unterschiedlichem Alter, sich mit bestimmten Dingen zu beschäftigen. Durch die so entstehende ungehinderte Altersmischung, treffen sie unweigerlich auf ältere und auf jüngere Kinder, von und mit denen sie etwas lernen und Zeit verbringen. In Bezug auf jeweils eine konkrete Sache findet sich für die weniger Erfahrenen eigentlich immer jemand, der sich schon besser damit auskennt und ihnen helfen kann. Abgesehen davon ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß alle „traditionell Leistungsfähigen“ in andere Schulen abwandern. Der Staat muß in seinen Schulen so offen gegenüber allen interessierten Schülern handeln als ob es keine nicht-staatlichen Schulen gäbe, auch weil es seine Aufgabe ist, selbstbestimmte Bildung jedem zugänglich zu machen.

Ein etwas anderer Gedanke ist, daß Kinder nicht nur hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit, sondern auch bezüglich ihres sozialen und kulturellen Hintergrundes nicht von anderen Kindern getrennt werden sollen. Alle Kinder sollen zusammen aufwachsen und in der Schule Kindern anderer Herkunft und anderer Lebensgewohnheiten begegnen, so die Vorstellung. Soziale Durchmischung ist allerdings nicht darauf angewiesen, daß wirklich jeder daran teilnimmt. Um feste Vorgaben, wie hoch der Anteil der Millionärskinder, der Arbeiterkinder und der Akademikerkinder, der Migrantenkinder, der Vegetarier oder der praktizierenden Christen sein muß, kann es ja wohl kaum gehen. Die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft unterscheidet sich auch in einem staatsmonopolistischen System in einzelnen Gegenden, da man der Bevölkerung nicht vorschreiben darf, wo sie zu wohnen hat.

Wenn als benachteiligt geltende Schüler sich freiwillig in nicht-staatlichen Schulen sammeln, ist das ihre Sache. Manche Kritiker eines pluralistischen Bildungssystems befürchten eine „Ghettoisierung“ im Schulwesen. Soziale Durchmischung muß tatsächlich ein von den Menschen selbst ausgehender Prozeß sein – und nicht ein von oben gesteuerter, bei dem der Einzelne nur noch Objekt staatlicher Planung wäre. Es ist OK, wenn jemand überwiegend mit ihm bereits aus anderen Zusammenhängen vertrauten Leuten zusammensein will und die Nähe von Leuten sucht, die auf die gleiche Weise leben wollen. Wichtig ist, daß er zu anderen Schulen freien Zugang hat, und daß andere Zugang zu „Ghetto“-Schulen haben – ohne Ansehen der Herkunft und ohne Gesinnungsprüfung, jedoch mit der Bereitschaft, die Grundsätze der jeweiligen Schule zu achten.

Verschiedene Leute haben jedoch Angst, daß dann islamische Schulen entstehen, oder Schulen, in denen die Kinder reicher Eltern eine heile Welt vorgetäuscht bekommen, oder welche, in denen sich Alternative Ökos selbstverwirklichen. In unfreiheitlichen Schulen besteht bei Abschottung von der Außenwelt durchaus die Möglichkeit, daß Kinder ein verzerrtes Weltbild bekommen. Gewissenmaßen zeigt jedoch jedes Bildungs-Programm nur einen bestimmten Ausschnitt der Welt und erklärt nur einen Teil ihrer Zusammenhänge. In einer liberalen Gesellschaft müssen sehr unter- schiedliche Weltanschauungen Platz haben. Die generelle Höherwertigkeit einer bestimmten Sichtweise läßt sich nicht allgemeingültig begründen, da die Begründung stets auf Werte gestützt ist, die sich erst aus der jeweiligen Weltanschauung ergeben. Das Recht, Schulen bestimmter inhaltlicher Ausrichtungen zu gründen, ist daher auch eine Form des kulturellen Minderheitenschutzes.Auf diese Weise könnten stärker als bisher Parallel-Gesellschaften entstehen, da Kinder aus bestimmten Milieus möglicherweise überhaupt keinen Kontakt mehr zu anderen hätten. Wenn entsprechende Schulen und Eltern im Rahmen des Grundgesetzes handeln, muß man das aber hinnehmen. Denn für das Zusammenleben in einem Staat sind nicht ein gemeinsamer Glauben oder eine gemeinsame Identität ausschlaggebend, sondern gemeinsame Gesetze.Durch die Pflicht der Eltern, die Kinder über deren Möglichkeiten zu informieren, und die Pflicht der Kinder und Eltern, einmal jährlich einen Berater des Amts für freie Wahl der Bildung aufzusuchen, wissen die Kinder um die ihnen offenstehenden Alternativen.

Fazit:

Schulpflicht und Lernzwang stehen im Widerspruch zu einer Reihe von Grund- und Menschenrechten. Aus lerntheoretischer Sicht sind sie nicht nur vollkommen überflüssig, sondern richten sogar großen Schaden an. Weder die Umwandlung in eine Bildungspflicht noch die bloße Liberalisierung der Schulpflicht schaffen im nötigen Maß Abhilfe. Die Schulpflicht kann und muß überwunden werden!

Martin Wilke